Welche Vorteile bietet die Anlageklasse Venture Capital?
In diesem Artikel erläutern wir die besonderen Vorteile der Anlageklasse Venture Capital und beantworten die am häufigsten gestellten Fragen.
- Warum sind die Renditeerwartungen bei Venture Capital deutlich höher als bei anderen Anlageklassen?
- Welche Vorteile bieten Venture Capital Fonds beim Risikomanagement?
- Warum hat Venture Capital eine geringe Korrelation mit anderen Anlageklassen, insbesondere Aktien?
- Welche Auswirkungen hat die Aufnahme von Venture Capital auf die Diversifikation bzw. das Risiko-Rendite-Profil eines Anlageportfolios?
- Warum fördert Venture Capital Innovation, Impact und ist zentral für den wirtschaftlichen Fortschritt?
- Was solltest Du vor einer Investition in Venture Capital bedenken?
Für eine allgemeine Einführung in die Anlageklasse Venture Capital lohnt sich auch ein Blick in den Artikel “Was ist Venture Capital”
Hohe Renditen trotz höherer Kosten
Für viele Anleger spielt bei der Kapitalanlage die Höhe der zu erwartenden Renditen eine zentrale Rolle. Hier können Venture Capital Fonds besonders überzeugen. In der letzten Dekade haben VC Fonds laut dem Europe Developed Venture Capital Index Renditen in Höhe von durchschnittlich 22,7% pro Jahr erzielt - und zwar nach Abzug aller Kosten und Gebühren. Damit liegt die Rentabilität von VC-Investments weit vor denen aller anderen gängigen Anlageklassen, z.B. Aktienfonds, festverzinsliche Wertpapieren oder Immobilien.
Die hohen durchschnittlichen Renditen im Venture Capital Markt entkräften auch das Argument, dass sich Investitionen in Venture Capital (oder in die Private Markets im Allgemeinen) aufgrund der höheren Gebühren im Vergleich mit den Public Markets nicht lohnen würden.
Venture Capital Fonds werden aktiv von Fondsmanagern verwaltet, wobei neben zahlreichen VC-Prozessen bei Venture Capital auch die Betreuung und Beratung von Portfoliounternehmen im Fokus steht. Der Mehraufwand führt zu höheren Kosten, was jedoch durch die Chance auf wesentlich höhere Renditen gerechtfertigt wird.
Mehr noch: das aktive Management von Venture Capital Fonds ist ein wichtiger vorteilhafter Bestandteil dieser Anlageklasse - ein Punkt, auf den wir im Verlauf dieses Artikels noch eingehen werden.
Warum sind die VC Renditen so hoch?
Größte Wertentwicklung findet im Private Market statt
Die Zahl an Unternehmen, die an den öffentlichen Börsen gehandelt werden, ist begrenzt - und wird immer kleiner. Das ist international auf vielen öffentlichen Börsen zu beobachten, so auch in Deutschland:
Im Jahr 2020 waren 438 Unternehmen in Deutschland an der Börse gelistet, 32 weniger als noch ein Jahr zuvor. 2007 waren es noch 761. Auch in der stärksten Wirtschaftsnation der westlichen Welt, den USA, sind die Zahlen ähnlich: 1996 gab es noch 8.090 börsengelisteten Unternehmen, 2020 waren es nur noch rund 4.000.
Der Grund dafür ist zum Teil den Private Market zuzuschreiben, da immer mehr Unternehmen das Kapitalangebot (und die Vorteile) von Private Equity und Venture Capital nutzen. Sie verzichten immer öfter auf das öffentliche Kapital und die damit einhergehenden Regularien, Kosten und Einschränkungen, die der Börsengang mit sich bringt.
Neben dem aufwendigen und kostenintensiven Zulassungsverfahren, für das ein bis zu ein Jahr eingeplant werden muss, entstehen bei einem Börsengang auch hohe Folgekosten für das Unternehmen, welche unter anderem durch die juristischen Berichts- und Bilanzierungspflichten entstehen.
Das Kapital der Privat Market ist im Vergleich dazu für ein Unternehmen deutlich schneller und günstiger einzuwerben, auch sind die Folgekosten durch die Organisation und Verwaltung wesentlich niedriger. Da zugleich das Wachstum und das Kapitalangebot auf den Private Markets in den letzten Jahren exponentiell gewachsen ist, besteht für viele Unternehmen nicht mehr die Notwendigkeit, noch einen Börsengang anzustreben.
Die Auswirkungen dieses Trends sind tiefgreifend. Unternehmen, die heute an die Börse gehen, sind im Durchschnitt älter und reifer als börsennotierte Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten.
Die Unternehmen bleiben länger in Privatbesitz, und wenn sie an die Börse gehen (wenn sie es überhaupt tun), liegt der Großteil ihres Wachstums und ihrer Wertschöpfung bereits hinter ihnen.
Daraus ergibt sich, dass Venture Capital- und Private-Equity-Firmen heutzutage in der Regel an der Phase mit der größten Wertentwicklung beteiligt sind. Zugleich entscheiden sich die erfolgreichsten Jungunternehmen, die mit Venture Capital finanziert wurden, immer häufiger für eine Folgefinanzierung durch Private Equity, anstatt den Weg an die Börse zu suchen.
Die Konsequenz für Anleger: Wer keinen Zugang zum privaten Beteiligungsmarkt hat, verpasst den größten Teil der Wertentwicklung von (jungen) Unternehmen.
Der Sachverhält lässt sich anhand der heutigen Tech-Giganten illustrieren. Während die Phase der größten Wertentwicklung in den 90ern und 2000er Jahren noch nach dem Börsengang stattfand, findet die stärkste Wertentwicklung von Technologieunternehmen inzwischen vor dem Börsengang statt.
Mit VC Zugang zu stark wachsenden Unternehmen
Im Vergleich mit der Anlageklasse Private Equity setzt Venture Capital den Fokus auf junge Unternehmen, häufig noch in der frühen Gründungsphase.
Im Gegensatz zu reiferen Unternehmen oder sogar Börsenunternehmen wachsen junge Unternehmen sehr viel schneller, gewinnen also auch deutlich schneller an Wert.
Während die Wachstumsraten von Unternehmen branchenabhängig sind und sich nicht pauschalieren lassen, lässt sich grundsätzlich feststellen, dass insbesondere junge Technologieunternehmen ein starkes Wachstumspotential besitzen und ihren Wert in den ersten Jahren exponentiell steigern können.
Venture Capital wird aktiv verwaltet
Wenn der typische Anleger im Aktienmarkt Anteile eines börsennotierten Unternehmens erwirbt, hat er in der Regel - ohne Stimmrecht - keinerlei Kontrolle über das Unternehmen, in das investiert wurde. Investiert dagegen ein Venture Capital Fonds in ein Start-up, hält dieser nicht nur Unternehmensanteile, sondern beteiligt sich auch aktiv am Unternehmensgeschehen - strategisch und auch operativ.
Die Art der Beteiligung ist von VC Fonds zu VC Fonds unterschiedlich und reicht von der Beratung und zur Verfügung stellen von Know-how, Unterstützung bei der Produkt- und Unternehmensentwicklung bis hin zur Unternehmensumstrukturierung.
Das Management Team von Venture Capital Fonds besteht aus diesem Grund häufig aus erfahrenen Unternehmern, die durch eigene Gründungen die Herausforderungen von jungen Unternehmen kennen und dem finanzierten Unternehmen mit Branchenwissen und einem Netzwerk zur Seite stehen.
Die Partnerschaft zwischen dem Start-up und dem VC Management Team ist ein wesentlicher Baustein für den langfristigen Erfolg des jungen Unternehmens und eines der Gründe, warum VC finanzierte Unternehmen schneller und effektiver wachsen als vergleichbare Unternehmen, die keine VC Finanzierung erhalten. (Quelle: Forward Partners, EIF - The VC Factor)
Interessenausgleich durch Incentivierungsstruktur
Da es sich bei Venture Capital um eine Anlage mit einem langen Anlagehorizont handelt, wird das anhaltende Interesse des Management Teams an den Portfoliounternehmen über eine erfolgsabhängige Vergütung (‘Carry’) gesichert.
Damit wird auch das bekannte “Principial-Agent-Problem” minimiert. Anders als bei vielen Fonds auf dem öffentlichen Markt, wo das Management unabhängig von der Wertentwicklung primär über eine Verwaltungsgebühr finanziert wird, erhält das VC Management Team darüber hinaus einen Anteil an den Gewinnen (häufig ~20%), sobald eine vorher festgelegte Mindestrenditeschwelle (‘Hurdle Rate’) überschritten wird.
Auf diese Weise wird der Erfolg der Portfoliounternehmen mit der Performance des Managementteams verknüpft. Dies schafft den Anreiz, die Portfoliounternehmen langfristig zum Erfolg zu führen und stellt sicher, dass die Interessen der Limited Partner mit denen der General Partner übereinstimmen.
Diversifizierung und Risikominderung
Die moderne Portfoliotheorie belegt, dass finanzielle Risiken durch Diversifikation erfolgreich verringert werden. Das Konzept ist einfach: durch die Verteilung von Vermögenswerten auf eine Vielzahl von Anlagewerten wird wird sichergestellt, dass die Wertminderung (oder auch der Totalausfall) einer Anlage nicht das komplette Gesamtportfolio gefährdet.
Für eine erfolgreiche Diversifikation ist es jedoch notwendig, dass die Anlageklassen möglichst gering miteinander korrelieren.
Venture Capital kann effektiv zur Diversifizierung eines Portfolios beitragen, indem es sowohl das grundsätzliche Risiko der Public Markets wie auch das Konjunkturrisiko mindert.
Grundsätzlich führt eine Portfoliobeimischung von Venture Capital zu einer Erhöhung der erwarteten Rendite bei gleichzeitig geringerem Gesamtrisiko (Quelle: Long-Term Capital Market Assumptions, J.P. Morgan 2022).
Verringerte Public Market Risks
Aufgrund der hohen Liquidität der Aktienmärkte, das Vorhandensein vieler Indexfonds sowie einer engen Kopplung an die aktuelle Konjunktion gibt es eine relativ starke Korrelation der meisten öffentlichen Vermögenswerte - gesamtwirtschaftlich wie auch untereinander.
Venture Capital korreliert dagegen nur gering mit den öffentlichen Märkten bzw. mit börsengelisteten Unternehmen.
Ein Grund für die geringe Korrelation mit den Public Markets liegt vor allem darin, dass Start-ups oftmals in erst kürzlich geschaffenen Märkten agieren oder Marktanteile von sich langsam entwickelnden etablierten Unternehmen übernehmen. Zudem agieren Start-ups oftmals in Märkten, die mit abrupten Veränderungen, wie beispielsweise der Entstehung neuer Technologien oder Veränderungen in der Regulatorik, entstanden sind und die Entwicklung begünstigten.
Start-ups gewinnen also durch den Innovationsvorteil erst noch an Marktanteil und können im Gegensatz zu vielen etablierten Unternehmen einfacher und überproportional wachsen.
Verringertes Risiko durch Marktzyklen
Venture Capital Portfolios sind resistenter gegenüber bestimmten Marktzyklen wie z.B. Rezessionen. Natürlich spüren auch Venture Capital Fonds die Auswirkungen von gesamtwirtschaftlichen Krisen, doch diese treffen die öffentlichen Märkte in der Regel sehr viel stärker.
Ein Grund dafür liegt in dem langen Anlagehorizont: Venture Capital Fonds, welche üblicherweise eine Laufzeit von 8 bis 12 Jahren besitzen, sind von kurzen und mittelfristigen Marktveränderungen kaum betroffen.
Ein weiterer Grund liegt in der Agilität und Flexibiltät von jungen Unternehmen: Venture Capital Fonds und die finanzierten Portfoliounternehmen können deutlich schneller auf Marktveränderungen reagieren als die größeren und etablierten Börsenunternehmen.
Attraktives Risiko-Rendite-Profil
Durch die beschriebene geringe Korrelation mit den öffentlichen Märkten sowie der Chance auf überdurchschnittliche Renditen bietet Venture Capital ein attraktives Risiko-Rendite-Profil.
Wie sich die Beimischung von Venture Capital letztendlich auf das Portfolio auswirkt, ist von Portfolio zu Portfolio unterschiedlich. Abhängig von der Performance des jeweiligen VC Fonds, der Risikobereitschaft sowie der Zusammensetzung des Portfolios können sich völlig unterschiedliche Renditeerwartungen ergeben.
Wie die Beimischung von Venture Capital in der Realität aussehen kann, zeigt die Portfolioallokation der Stiftungsfonds der Yale Universität.
1985 bestand der Yale Fonds - weltweit der zweitgrößte Universitätsfonds - etwa zu 80 % aus US-Aktien und -Anleihen, Private Equity und Venture Capital spielte keine Rolle. Heute strebt der Fonds eine 41%ige Allokation in Venture Capital und Private Equity an. US-Aktien, Anleihen und Barmittel machen inzwischen weniger als 10% der Portfolioallokation aus.
Innovation und Impact
Venture Capital fördert Innovation und Wirtschaftswachstum
Start-ups helfen dabei, neue Technologien markt- und gesellschaftsfähig zu machen. Durch Innovation schaffen sie neue Produkte, Märkte und helfen dabei, veraltete Strukturen und Prozesse effizienter zu gestalten. Technologieunternehmen wie Google und Meta (ehemals Facebook) sind Erfolgsgeschichten und Beispiele für die hohe Innovationskraft, die mit einem digitalen und hoch skalierbaren Geschäftsmodell einhergeht.
Venture Capital Fonds unterstützen Start-ups dabei, ihre Visionen umzusetzen und tragen mit Kapital und Know-how wesentlich zum Erfolg des Start-ups bei. Insbesondere der positive Effekt von VC auf den Wachstums-, Innovations- und Kommerzialisierungserfolg von Start-ups ist in wirtschaftswissenschaftlichen Studien gut belegt. So erhöhen VC-Investitionen das Umsatzwachstum, das Beschäftigungswachstum, die Patentanmeldungen und die Produktentwicklung /-einführung (‘time-to-market’) von Start-ups (KfW Venture Capital Studie 2020).
Die positiven Effekte von VC Fonds und einem starken Start-up Ökosystem wirken sich wirtschaftlich und gesamtgesellschaftlich aus: sie tragen wesentlich zum wirtschaftlichen Fortschritt bei, schaffen neue Arbeitsplätze und sichern den Wohlstand eines Landes. Zugleich verringert ein starkes Innovationsnetzwerk die technologische Abhängigkeit von einzelnen Anbietern.
Die Innovationskraft von Venture Capital und revolutionären Start-ups ist auch im Bereich des Impact Investments zu beobachten.
Durch das zur Verfügung gestellte Kapital ermöglicht Venture Capital die Weiterentwicklung von Produkten und Geschäftsmodellen, die besonders komplex sind und aufgrund einer langen Entwicklungszeit einen hohen Kapitalbedarf benötigen. Diese wäre wäre ohne Venture Capital nicht zu überbrücken.
Ob Energieerzeugung, Food oder nachhaltige Alternativen zu Plastik: es sind die finanzierten jungen Technologieunternehmen, die mit innovativen Produkten und Ansätzen neue Lösungen mit globalen Impact finden.
Aus diesen Gründen sind zum Beispiel VC Investments in GreenTech Start-ups wesentlich effizienter zur Reduzierung von CO2 als die Lifestyle Änderung von Einzelpersonen.
Risiken und bedenkenswerte Merkmale von Venture Capital
Trotz der vielen Vorteile, die Venture Capital als Anlageklasse bietet, gibt es wie bei jeder anderen Anlageklasse auch einige Merkmale, die vor einer Investition bedacht werden sollten.
Höheres Verlustrisiko: Eine Investition in Venture Capital ist mit hohen Risiken verbunden und kann zu einem teilweisen oder vollständigen Verlust des Kapitals führen. Venture Capital ist eine komplexe und spekulative Anlageform, welche die potentiell hohen Renditen durch Investitionen in junge Unternehmen erzielt, die in einem negativen Szenario die erwarteten Ziele nicht erreichen oder mit dem entwickelten Geschäftsmodell scheitern. Diese Risiken sind Teil der Natur der Anlageklasse Venture Capital und sollten vor einer Investition bedacht werden.
Geringe Liquidität und verzögerte Cashflows: Venture Capital ist eine langfristige Anlageklasse mit einem durchschnittlichen Anlagehorizont von 8 bis 12 Jahren. Während dieser Zeit haben Anleger keine Möglichkeit, ihre Anlage zu liquidieren. Darüber hinaus erfolgen Gewinnausschüttungen schrittweise und in Abhängigkeit von Veräußerungen, die der Venture Capital Fonds durchführt, was zu einem verzögerten Cashflow führt.
Verwaltungsgebühren: Bei der Beurteilung eines Venture Capital Fonds sollte darauf geachtet werden, ob die erwartete Performance in Brutto- oder Nettorendite angegeben wird. Aufgrund der höheren Gebühren und Kosten kann die Nettorendite merklich von der Bruttorendite abweichen.
Frühere Anlageergebnisse: Die vergangene Performance von Venture Capital Fonds oder einzelner Fondsmanager ist kein zuverlässiger Indikator für künftige Erträge. Die Prognosen, die in den Werbeunterlagen enthalten sind und die Renditen früherer Investitionen angeben, sind keine Garantie für zukünftige Erfolge. Es gibt im Wesentlichen keine Garantie, dass ähnliche Renditen erzielt werden können oder dass überhaupt ein Gewinn erzielt werden kann.